top of page

Was ist eigentlich agil?

  • Autorenbild: mariohenzler
    mariohenzler
  • 11. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Apr.

Seit einigen Jahren hat sich der Begriff „Agil“ in unserem täglichen Business-Sprachgebrauch festgesetzt. Für meine Begriffe sogar etwas inflationär (wie aktuell auch KI ;-)). Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob wir alle immer vom Gleichen reden und jedem klar ist, was hinter diesem Begriff steckt. In diesem Artikel möchte ich daher versuchen, die Grundlagen agilen Denkens zu beleuchten und aufzeigen, warum Agilität in vielen Bereichen einfach unverzichtbar ist.


ree

Fangen wir mal ganz vorne an. Der Begriff Agilität stammt ursprünglich vom lateinischen agilis – „leicht zu bewegen, beweglich“. Heute steht er im Unternehmenskontext für die Fähigkeit, flexibel und schnell auf Veränderungen zu reagieren – ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren. Agilität zeigt sich in vielen Bereichen eines Unternehmens: in der Projektarbeit, der Produktentwicklung, in Führung und Zusammenarbeit, aber auch in der gesamten Organisationsstruktur und Kultur. Überall dort, wo es darum geht, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, schneller zu lernen und kundenzentriert zu handeln, gewinnt Agilität an Bedeutung.

Soweit die Theorie, doch was heißt das jetzt? Was macht eine wirklich agile Arbeitsweise aus? Welche Prinzipien stecken dahinter und wie/wo lässt sich Agilität praktisch umsetzen? Hier ein paar Beispiele:

 

Agile Projekte

Die meisten kennen Agilität wahrscheinlich aus dem Projektkontext. Agilität im Projekt bedeutet, sich flexibel z.B. veränderte Anforderungen anzupassen zu können, ohne in an einem starren Plan gefangen zu sein. Im Gegensatz zu klassischen Methoden der Projektsteuerung, die auf einer detaillierten Vorplanung basieren die nahezu keine Spielräume für Abweichungen lassen, setzt ein agiles Projektmanagement darauf in kleinen Schritten  iterative (Zwischen-) Ergebnisse zu erzielen. Dabei geht es nicht um eine bestimmte Methode (wie Scrum), sondern um eine Grundeinstellung, die es ermöglicht, dynamisch auf neue Entwicklungen zu reagieren.


In einem agilen Projekt steht das Ziel im Fokus, doch der Weg dorthin bleibt bewusst offen was für Flexibilität sorgt. Anstatt einmalig einen detaillierten Gesamtplan zu erstellen, werden Lösungen schrittweise, in s.g. Sprints, erarbeitet und kontinuierlich weiterentwickelt und  optimiert. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, schnelle Entscheidungswege und ein Umfeld, in der Feedback und Lernen eine zentrale Rolle spielt.

Herausfordernd ist dabei der Balanceakt zwischen Struktur und Flexibilität. Ohne eine gewisse Ordnung kann Agilität schnell ins Chaos führen, während zu viel Kontrolle den eigentlichen Vorteil der Anpassungsfähigkeit erstickt. Erfolgreiche agile Projekte zeichnen sich durch eine klare Zielsetzung, transparente Kommunikation und ein starkes Vertrauensverhältnis im Team aus. Sie ermöglichen es, auf Unsicherheiten souverän zu reagieren und schrittweise die bestmögliche Lösung zu entwickeln.


Agile Produktentwicklung

Agilität in der Produktentwicklung ist durchaus vergleichbar mit den Ausführungen zum Projektvorgehen. Hier geht es darum, Kundenbedürfnisse frühzeitig zu erkennen und Produkte schnell in kurzen Zyklen schrittweise zu verbessern – statt auf das eine perfekte Endprodukt hinzuarbeiten. Im Gegensatz zu traditionellen Entwicklungsprozessen, die stark auf langfristige, eher nach innen gerichtete, Planung setzen, orientiert sich ein agiler Ansatz an realem Nutzerfeedback, schnellen Tests und iterativer Optimierung.Dabei steht nicht das Produkt als starres Ziel im Zentrum, sondern der Nutzen für den Kunden – und die Bereitschaft, das Produkt kontinuierlich weiterzuentwickeln. Mit funktionsfähigen Zwischenversionen können Annahmen zu validieren und Risiken minimiert werden. Sackgassen werden vermieden und Entwicklungsbudgets gezielt eingesetzt.


Allerdings verlangt agile Produktentwicklung von den Beteiligten ein Umdenken: weg vom „Bauen wie geplant“, hin zum „Lernen, was wirkt“. Das setzt ein hohes Maß an interdisziplinärer Zusammenarbeit, Offenheit für Veränderungen und ein Umfeld voraus, in dem nicht Perfektion zählt, sondern Fortschritt. Wenn Entwicklungs- oder Ingenieurteams mit Kunden und Nutzern eng zusammenarbeiten und neue Erkenntnisse konsequent in die weitere Entwicklung einfließen lassen, entstehen Produkte, die wirklich relevant sind – und sich am Markt durchsetzen können.


Agile Organisation

Das alles verlangt natürlich auch nach anderen, Organisationsstrukturen und Prozessen. Eine agile Organisation ist insgesamt flexibel, lernbereit und anpassungsfähig. Sie löst sich von starren Hierarchien und setzt auf dezentrale Entscheidungsfindung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und iterative Prozesse. Dabei steht nicht nur Geschwindigkeit im Vordergrund, sondern eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und des proaktiven Wandels. Der Kunde und seine Bedürfnisse rücken stärker in den Fokus, während Teams mehr Verantwortung übernehmen und eigenständig Lösungen entwickeln. Agilität bedeutet, Veränderungen nicht nur zu akzeptieren, sondern sie aktiv als Chance zu nutzen.


Es ist klar, dass der Übergang zu einer agilen Organisation mit entsprechenden Herausforderungen verbunden ist. Eine der größten Hürden liegt im erforderlichen Wandel der Denkweise. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen lernen, Hierarchien abzubauen und mehr Eigenverantwortung zu übernehmen – ein Prozess, der Zeit, Überzeugungskraft und (Selbst-)Vertrauen erfordert. Gleichzeitig ist mit Widerständen zu rechnen, da gewohnte Strukturen die Sicherheit bieten wegfallen. Auch können Spannungen entstehen, wenn klassische Hierarchien und agile Ansätze parallel existieren. Fehlende Transparenz und Kenntnis kann zudem dazu führen, dass Agilität mit Chaos verwechselt wird.


Agil ist eine Haltung

Damit Agilität gelingt, muss sie als grundlegende Haltung verstanden werden. Es geht nicht um die Einführung einzelner Methoden, sondern um den Wandel von einer oft eine tief verankerten Perfektionskultur hin zu offenem Lernen, partiellem Scheitern, Vertrauen und des kontinuierliche Weiterentwicklung. Agilität beginnt nicht mit einem Daily Stand-up. Sie beginnt mit einer inneren Haltung – und diese Haltung ist anspruchsvoll. Es geht um loslassen können. Kontrolle abzugeben, Verantwortung zu teilen, iterativ statt linear zu denken – das ist für viele Unternehmen ein echter Kulturwandel. Führungskräfte müssen nicht mehr alles wissen, aber sie müssen vieles ermöglichen.Es geht auch um Mut. Agilität verlangt Mut zur Transparenz, zu maximaler Kundenorientierung, zum schnellen Entscheiden unter Unsicherheit. Agile Unternehmen permanent in Bewegung – es gibt keinen fertigen Zustand, sondern einen kontinuierlichen Prozess.


Und, zu guter Letzt geht es um Haltung. Agilität ist keine Checkliste. Wer glaubt, durch Einführung eines Frameworks automatisch „agil“ zu sein, unterschätzt die kulturelle Dimension. Es geht um Werte wie Offenheit, Respekt und eben Mut, Fokus und Commitment – und deren tägliche Umsetzung. Unternehmern und Führungskräften muss klar sein, Agilität lässt sich nicht einfach einführen. Sie muss gelebt werden – vor allem von denen, die führen. Aber, wenn der Wandel gelingt werden die Vorteile überwiegen.

Comments


bottom of page